Zu den eingereichten Petitionen geben die senatorischen Behörden Antworten. Auf diese kann innerhalb einer Frist von einem Monat vom Petenten reagiert werden und die Antwort wird dem Petitionsausschuss vorgestellt. Dieser gibt dann eine Handlungsempfehlung an die Bürgerschaft.
Während die senatorischen Behörden knapp antworteten (SUKW 4 Seiten, SKB 3 Seiten, SF 2 Seiten) haben wir eine etwas umfangreichere Antwort verfasst.
Ihr Aktenzeichen: S 21-199
Petitum: Waller Wied
Sehr geehrter Herr Rohmeyer,
die Petition von XXX fordert die Rettung des Heimatgrüns Waller Wied. Es handele sich dabei um das letzte größere Grüngebiet in Bremens Überseestadt, das als wichtiger Lärmschutz gegen die Nordstraße diene und eine Naherholungsfunktion für das benachteiligte Heimatviertel habe. Die Petentin betont dessen Bedeutung für die Klimaanpassung und als Biodiversitäts-Hotspot. Kritisiert wird die überraschende Planung, das 12.000 qm große Gebiet mit einer sechszügigen Oberschule zu bebauen. Die Entscheidung sei Ende 2024 ohne Bürgerbeteiligung gefallen, obwohl zuvor ein anderer Standort auf der Überseeinsel geplant gewesen sei. Die Petentin führt aus, dass die Vegetation zerstört werde und wichtige soziale, stadtklimatische und ökologische Funktionen verloren gingen. Die Planung basiere auf einen alten Bebauungsplan. Gefordert wird eine Neuplanung unter Berücksichtigung von Umwelt, Klima, Sozialem und transparente Prüfung von Alternativen zur Verhinderung der Vernichtung des Heimatgrüns.
Die Petition nimmt maßgeblich Bezug auf den geplanten Bau einer 6-zügigen Oberschule im Bereich des Waller Wied. SUKW ist nicht Teil der Senatskommission Schul- und Kitabau, daher kann unser Haus lediglich Stellung zu den Aspekten 1.3 und 1.4 nehmen.
Gemäß § 5 Absatz 1 des Gesetzes über die Behandlung von Petitionen durch die Bremische Bürgerschaft nehme ich zu der o.g. Petition wie folgt Stellung:
Aspekt 1.3: Berücksichtigung der aktuellen Stadtklimaanalyse für die Ortsteile Überseestadt und Walle in Verbindung mit der bremischen Klimaanpassungsstrategie und des Hitzeaktionsplans
Die Berücksichtigung der Klimaanpassungsbedarfe und die Integration der Klimaanpassungsmöglichkeiten in die Prozesse der Stadtentwicklung ist eine wichtige Aufgabe bei der Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft (SUKW) und ein Abwägungsbelang u.a. in der Bauleitplanung. Durch das Klimaanpassungsmanagement bei der SUKW werden die Belange der Klimaanpassung in Planungsprozesse eingebracht, in Übereinstimmung mit bestehenden Konzepten und Strategien wie der Klimaanpassungsstrategie oder dem Hitzeaktionsplan. Die Gesamtabwägung aller Belange erfolgt durch die federführende Planungsinstitution der Stadt Bremen. Für die Berücksichtigung von Klimaanpassungsbelangen gibt es dabei unterschiedliche Möglichkeiten.
Die Flächen des Vorhabengebiets werden nach der Planungshinweiskarte der Stadtklimaanalyse Bremen (2024) als „Klimatischer Erhaltungsbereich“ eingestuft. Das bedeutet, dass die Fläche in der Zukunft (2050; Emissionsszenario RCP 4.5) mäßig wärmebelastet sein wird. Die Bewertungskarte für die Tagsituation zeigt für das Zukunftsszenario eine erhöhte Wärmebelastung und für die Nachtsituation eine mittlere Überwärmung. Die Bedeutung der Fläche für die Kühlung des Stadtbereichs zeigt die Analysekarte zum Kaltluftvolumenstrom. Er ist mit 15 bis 20 m³/m*s vergleichsweise groß. Aus Sicht der Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft erfüllt die Fläche des Vorhabengebietes damit eine wichtige stadtklimatische Funktion für die Anwohner*innen.
Dementsprechend sind bei baulichen Entwicklungen klimaökologische Aspekte zu beachten und Maßnahmen vorzusehen wie bspw. die Baukörperstellung zur Erhaltung der Kaltluftströmungen, geringe Versieglung, Bäume mit ausreichend Wurzelraum, Dachbegrünung oder helle Dachflächen. Dieses ist v. a. auch deshalb wichtig, da die angrenzenden Siedlungsflächen und Straßenräume eine deutlich höhere thermische Belastungssituation aufweisen.
Im Mai 2024 hat die bremische Bürgerschaft den Senat aufgefordert ein Leitbild Schwammstadt zu entwickeln. Dieser Auftrag wird getragen von der Idee Grünflächen wo möglich zu erhalten und dort, wo es möglich ist, Flächen zu entsiegeln. Die Bebauung des Waller Wieds würde mit einer größeren Versiegelung einhergehen, sodass die Funktion der Fläche im Sinne des Schwammstadtprinzips eingeschränkt würde. Dem könnte durch bauliche Maßnahmen entgegengewirkt werden:
Die Entwicklung Bremens zur Schwammstadt soll durch eine effiziente Bewirtschaftung von Niederschlagswasser vor Ort erfolgen. Erzielt wird dies durch die Integration verschiedener Bausteine zur lokalen Speicherung und späteren Versickerung, Verdunstung und/oder verzögerten Abgabe nach Nutzung von Regenwasser. Dazu zählen Bausteine zur Verdunstungskühlung wie beispielsweise Straßenbäume, Verdunstungsbeete, verdunstungsfähige/versickerungsfähige Straßenbeläge und Dach- und Fassadenbegrünung, sowie technische Bausteine zur Speicherung von Regenwasser wie beispielsweise Zisternen und Rigolen. Diese Bausteine der Schwammstadt sind bei der weiteren Planung so weit wie möglich zu berücksichtigen, um den Funktionsverlust der Kaltluftentstehung auszugleichen und die aus Sicht der Klimaanpassung sensible Einrichtung einer Schule auf der vorgesehenen Fläche so zu gestalten, dass negative Klimafolgen durch Hitzebelastung minimiert werden.
Wie stark sich eine Bebauung der Freifläche auf die Wärmebelastung der angrenzenden Siedlungsbereiche auswirken würde, könnte anhand einer Mikroklimamodellierung untersucht werden. Dabei könnten unterschiedliche Planungsvarianten analysiert werden, die sich auch bezüglich des Umfangs von Klimaanpassungs- und Schwammstadtmaßnahmen unterscheiden. So könnte die Frage beantworten werden, ob und wie sich die bioklimatische Situation für das Waller Wied teilweise erhalten oder ausgleichen lässt.
Zusätzlich ist die Fläche eine der wenigen größeren Grünflächen in der Überseestadt. Sie hat dahingehend also auch über die reine Stadtklimatische Betrachtung hinaus eine soziale Funktion.
Aspekt 1.4: Berücksichtigung der bremischen Biodiversitätsstrategie
Die Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft (SUKW) wird erst bei der Vorbereitung eines Bauleitplanverfahrens für ein konkretes Gebiet einbezogen, nicht jedoch bei der vorausgehenden Standortsuche für das Vorhaben. Biodiversitätsaspekte können daher von
der bei SUKW angesiedelten Naturschutzbehörde nur die Ausgestaltung des jeweiligen Vorhabens im Plangebiet betreffend vertreten werden. Diese Stellungnahmen fließen dann zusammen mit allen anderen Belangen in den Abwägungsprozess der Bauleitplanung ein. Die bremische Biodiversitätsstrategie richtet sich an alle bremischen Behörden. Die für die Standortsuche zuständigen Stellen sind daher angehalten, Biodiversitätsaspekte bereits frühzeitig zu berücksichtigen.
Mit freundlichen Grüßen
In Vertretung
Jan Fries
Staatsrat
Petition S21-199
Sehr geehrter Herr Rohmeyer,
mit der vorgelegten Petition begehrt die Pententin den Erhalt des rund 12.000 m² großen, begrünten Lärmschutzwalls am Waller Wied, dessen Fläche für den Neubau einer sechszügigen Oberschule mit Dreifeldsporthalle vorgesehen ist. Die Petentin verweist auf die Bedeutung des Areals für Lärmschutz, Naherholung, Stadtklima und Biodiversität mit Hinweis auf den stark belasteten Stadtteil. Kritisiert wird insbesondere die überraschende Standortentscheidung ohne vorherige Bürgerbeteiligung. Kritisch wird auch die planerische Grundlage eines über 20 Jahre alten Bebauungsplans gesehen. Gefordert wird eine transparente Überprüfung der Schlustandortplanung 2022 hinsichtlich des Bedarfs und die Prüfung alternativer Flächen, insbesondere auf der Überseeinsel, mit dem Ziel, den bestehenden, begrünten Lärmschutzwall zu erhalten.
Eine gesonderte Stellungnahme zu den Punkten 1.3 und 1.4 hat die Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft bereits abgegeben. Eine weitere Stellungnahme zu Punkt 1.1 erfolgt durch den Senator für Finanzen.
Zu Punkt 1.2 sowie Punkt 2 nimmt die Senatorin für Kinder und Bildung wie folgt Stellung:
1.2 - Zusätzliche soziale Belastung im Gebiet Walle
Die Befürchtungen hinsichtlich einer zusätzlichen sozialen Belastung durch die geplante Schule erscheinen nicht gerechtfertigt. Vielmehr ist zu erwarten, dass die Oberschule Überseestadt als Teil der Bildungsinfrastruktur einen positiven Beitrag zur sozialen Integration im Stadtteil leisten wird. Sie bietet eine wohnortnahe Bildungsversorgung und kann insbesondere in einem benachteiligten Stadtteil wie Walle zur Verbesserung der Bildungschancen und Lebensqualität beitragen. Ziel ist es, die Schule als integrativen Ort zu gestalten, der die Nachbarschaft und die Quartiersidentität stärkt statt belastet.
Die Planung der Schule berücksichtigt von Beginn an eine nachhaltige und städtebaulich verträgliche Einbindung in das Quartier, um sowohl den Bildungsbedarfen als auch den sozialen Anforderungen des Umfeldes gerecht zu werden.
2- Bedarfscheck und Standortprüfung
Die Entscheidung für eine sechszügige Oberschule in der Überseestadt basiert auf den aktuellen Schülerprognosen und der Anpassung Schulbedarfsplanung 2022 an die aktuelle Situation und den dringenden Erfordernissen Schulraumkapazitäten für den Sekundarbereich I zeitnah und dauerhaft umzusetzen. Die nicht zu finanzierende Verlagerung des Schulzentrums Utbremen und dessen Nachnutzung als dreizügige Oberschule ist der maßgebliche Grund für die Erhöhung von einer Vier- auf eine Sechszügigkeit. Um den anstehenden Kapazitätsbedarf mit der Sechszügigkeit im Stadtteil zu decken, und entsprechen nach wirtschaftlichen Maßstäben zu handeln, ist das in seiner Größe optimale Grundstück am Waller Wied präferiert worden.
Das ursprünglich vorgesehene Gleisbettgrundstück auf der Überseeinsel konnte diesen Anforderungen aufgrund seiner geringen Grundstückgröße nicht mehr gerecht werden. Hohe Bau- und Erschließungskosten sowie komplexer Rahmenbedingungen wie Hochwasserschutz und noch zu erstellendes Planungsrecht sind weitere Ausschlussfaktoren.
Im Zuge von Alternativprüfungen wurden verschiedenste Standorte im Stadtteil untersucht. Hinsichtlich des bestehenden Planungsrechts und der sofortigen Verfügbarkeit erwies sich das Grundstück Waller Wied als bestmöglicher Standort für den Bau einer Oberschule. Zudem ist der Standort verkehrlich gut angebunden und erlaubt Synergien mit bestehenden Bildungs- und Infrastrukturen.
Aus den vorgenannten Gründen sehe ich keine Möglichkeit, dem Anliegen der Petition zu entsprechen.
Mit freundlichen Grüßen
In Vertretung
Torsten Klieme
Staatsrat
Petition S21-199 – „Rettung des Heimatgrüns am Waller Wied“
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
zu der o.a. Petition nehme ich gem. § 5 Abs.5 des Petitionsgesetzes wie folgt Stellung:
Mit der vorgelegten Petition begehrt die Petentin die Rettung des sogenannten Heimatgrüns Waller Wied. Bei dem Standort handele es sich insbesondere für das Heimatviertel nicht ausschließlich um einen Lärmschutz, sondern auch um ein Gebiet mit Naherholungsfunktion. Beschrieben wird auch die Bedeutung für die Klimaanpassung und Biodiversität. Die Petition fordert eine Neubewertung des Standortes als Schulstandort für eine 6-zügige Oberschule. Dabei sollen insbesondere die Aspekte 1.1 Lärmschutz, 1.2 soziale Belastung des Gebiets, 1.3. die bremische Klimaanpassungsstrategie sowie 1.4 Biodiversitätsstrategie und 2. eine transparente Schulstandortplanung mit Nachweis des Bedarfs an Schulplätzen Berücksichtigung finden.
Zu dem Aspekt des Lärmschutzes nimmt der Senator für Finanzen nachfolgend Stellung.
Zu den weiteren genannten Aspekten erfolgen gesonderte Stellungnahmen durch die Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft sowie die Senatorin für Kinder und Bildung.
Die Forderung 1.1. bezieht sich auf die Verkehrsbelastung am Standort Waller Wied und den notwendigen Lärmschutz. Überprüft werden soll insbesondere die Gesundheit und Sicherheit der zukünftigen Schüler:innen, als besonders vulnerable Menschengruppe.
Zum Umgang mit dem Thema Lärmbelastung bei Schulbauten wurden bei dem Eigenbetrieb Immobilien Bremen Informationen eingeholt.
Grundsätzlich werden im Rahmen einer Bedarfsplanung bei potentiell lärmbelasteten Baufeldern Schallemissions- und -immissionsgutachten beauftragt. Das bedeutet, es werden zu Beginn der Planung eines Bauvorhabens die Auswirkungen auf die Nutzer*innen sowohl innerhalb, als auch außerhalb des Gebäudes sowie die gegebenenfalls vom Gebäude ausgehenden Beeinträchtigungen untersucht. Auf Grundlage der Gutachtenergebnisse und fest-stehender Grenzwerte werden, in Absprache mit dem Gesundheitsamt und der Baubehörde, die baulichen Maßnahmen, die der äußeren Lärmeinwirkung entgegenwirken festge-legt. Dies umfasst beispielsweise die erforderliche schalltechnische Beschaffenheit der Fassade, einschließlich der Fenster und Türen.
Weitere Schallschutzmaßnahmen erfolgen beispielsweise durch die Anpassung der Geländetopographie oder auch durch Lärmschutzwände und die städtebauliche Ausrichtung der Baukörper. Auch Gestaltungsauflagen zur sensiblen Integration der Bauwerke in den Stadt-raum sind zu berücksichtigen.
Für die hier betroffene neue 6-zügige Oberschule hat die Bedarfsplanung noch nicht begonnen, so dass noch keine Gutachten beauftragt wurden. Der Umgang mit lärmbelasteten Baufeldern ist jedoch gängige Praxis. In der Regel können die gestellten Anforderungen durch die entsprechenden Schallschutzmaßnahmen erfüllt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Björn Fecker
Bürgermeister
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